Am Anfang steht das Wort – und das Wort ist falsch!

Stadttheater, Opernhäuser und Bibliotheken in Deutschland erhalten keine „Subventionen“. Die permanente Behauptung des Gegenteils in den Medien der Republik zeigt nur, wie wenig Journalismus oft im Feuilleton steckt.

„Wer wie viel bekommt – und was die Karten ohne Subventionen kosten würden“, so leitet Dominik Hutter einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom letzten Wochenende ein (Sorry, schon wieder ist die SZ Ausgangspunkt eines Blogbeitrags, aber besser auf die Großen als auf die Kleinen). Dann listet er auf, welcher Kulturbetrieb in der bayerischen Landeshauptstadt in welcher Höhe vom Staat bezuschusst wird: Pinakotheken und Kammerspiele, die Oper und die Philharmoniker. „Spitzenreiter im städtischen Subventionszirkus ist die Stadtbibliothek“, lässt Hutter den Artikel dann nicht nur in ein bemerkenswert schräges Bild abdriften, sondern auch vollends in die neoliberale Propaganda.

„Kultur“ ist in der Bundesrepublik Deutschland laut Grundgesetz Ländersache. Zu denen gehören im Staatskonstrukt formaljuristisch auch die Kommunen. Beide Ebenen zusammen sind – in unterschiedlichen Körperschaftsformen und Anteilsgrößen – Eigentümer der rund 140 Staatlichen Bühnen im Land, ihrer Orchester und Ballette, von mehr als 4000 Museen und gut ebenso vielen Bibliotheken (es gibt noch mehr, aber die sind nicht staatlich). Diese Einrichtungen betreibt und finanziert die Öffentliche Hand, meist auf Grundlage der jeweiligen Länderverfassungen. In Nordrhein-Westfalen ist es §18 der Landesverfassung, der die Pflege und Förderung von Kultur, Kunst und Wissenschaft aufträgt.

„Subventionen“ sollen privatwirtschaftliche Unternehmen in einem Markt etablieren oder stützen. Die Empfänger gehören dem Staat nicht. Sie bekommen jedoch Hilfen aus den öffentlichen Haushalten, weil damit ein politisches oder gesellschaftliches Ziel verfolgt wird: Die Energiewende zum Beispiel oder die Erhaltung des Bergbaus. Der Export kann unterstützt werden oder die Landwirtschaft, um dauerhafte Versorgungssicherheit herzustellen oder sozioökonomische Landschaften zu erhalten. Aber weder betreibt der Staat die Energieversorger und Bauernhöfe, noch sind sie in öffentlicher Hand.

Die in Hutters SZ-Artikel wie an vielen anderen Orten als „subventioniert“ beschriebenen kulturellen Angebote werden hingegen von Ländern, Städten und Gemeinden selbst oder in Tochtergesellschaften betrieben. Ihre Etats sind – bis auf einen mehr oder minder geringen Anteil aus Ticketerlösen und Spenden – durch Steuergelder finanziert. Diese Einrichtungen haben in unserem Gemeinwesen de facto (nicht de jure, weil sie keine Pflichtaufgaben sind – anderes Thema) den gleichen Status wie Polizei, Schulen oder Kindertagesstätten: Sie nehmen Aufgaben im Rahmen der Landesverfassung wahr. Doch käme wohl niemand auf die Idee zu behaupten, Kommissariate oder Grundschulen würden „subventioniert“. Sie werden „öffentlich finanziert“ – und das gilt auch für städtische Theater, Museen und Büchereien.

Woher stammt die Mär von der „Subvention“ dieser Angebote? Ich weiß es nicht, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass ich einen Urheber und eine erste Erwähnung ausmachen könnte. Ich weiß aber, dass die Ersetzung des Begriffs „Finanzierung“ durch „Subvention“ ein beliebter Kniff derjenigen ist, für die nicht das Primat der Politik, sondern das der Ökonomie gelten soll. Zuende gedacht heißt das immer, dass ein im Sinne der Allgemeinheit ordnender Staat überflüssig ist, weil der Markt alle Dinge regelt; zumindest jene, für die man zahlt. Und das stimmt auch: Der Markt würde in der Kultur sofort regeln, dass es Opernaufführungen, Faust-Inszenierungen oder die umjubelten deutschen Tanztheater nicht mehr gäbe. Zwar könnte sich ein sehr zahlungskräftiges Publikum – die gegenwärtige Gesamtkalkulation für ein Opernticket beginnt bei ca. 200 Euro – einen Besuch von „Tannhäuser“ oder „Fliegendem Holländer“ auf den ersten Blick weiter leisten … aber nicht auf den zweiten: Denn die Aufführungsorte und die einzelnen Inszenierungen müssten dazu ja auch dauerhaft rentabel sein. Das ist schon beim Blick auf die deutlich populäreren und trotzdem immer hart an der Pleite entlang segelnden Musicals schlicht ausgeschlossen. Das heißt: Keine Opernkultur mehr, so wie wir sie kennen. Auch nicht in Berlin, Hamburg, Köln oder Stuttgart. Und Stadtbüchereien schon mal gar nicht: Jede einzelne Ausleihe würde in München 2,86 Euro extra kosten, hat Hutter (richtig) ausgerechnet. Das wäre das Ende der Allgemeinzugänglichkeit von Literatur, für Grundschüler, Hartz-IV-Empfänger oder Studenten. Nur, damit das auch wirklich allen klar ist.

Übrigens: Auch Claudius Seidl in der FAS, Julia Spinola in der ZEIT oder Welt und dpa (das sind nur drei spontan herbei gegoogelte Beispiele für eine ganze Armada von Artikeln und sicher auch Rundfunkbeiträgen) tuten mit Hutter ins „Subventions“-Horn. Doch die Finanzierung von Kulturangeboten durch die Öffentliche Hand so zu nennen ist mehr als nur Stuss und außerdem natürlich sachlich, sprich: journalistisch, falsch. Es ist auch ein Spiel mit dem Feuer – vor allem und gerade für das Feuilleton.

Es heißt nämlich, ausgerechnet den Gegnern des Kulturstaates bisheriger Prägung in die Karten zu spielen, indem man ihre Terminologie übernimmt. Doch das Sein bestimmt das Bewusstsein, und über die Worte der Kulturfinanzierungsgegner landet man zwangsläufig auch in ihrer Logik. Nach der sind Droste-Hülshoff, Schiller und Palucca, Anne Lepper, Ewald Palmetshofer und Sasha Waltz nur Marktteilnehmer wie Joanne K. Rowling und Ashton Kutcher. Bis sich das eines Tages auch für Jederfrau und -mann als spürbar falsch herausstellt, wird es allerdings zu spät sein. Unique Selling Point „Kulturstaat“? Leider ausverkauft!

Über derkulturpolitischereporter

Peter Grabowski ist der kulturpolitische reporter in NRW und drum herum
Dieser Beitrag wurde unter Beobachtungen abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

22 Antworten zu Am Anfang steht das Wort – und das Wort ist falsch!

  1. Go.west schreibt:

    Das zu lesen tut der Seele gut! Und es ist nicht nur der Kulturbereich, in dem Politiker die Sprache bestimmen und missbrauchen, weil sie damit leichter schlechte Entscheidungen durchsetzen koennen. Doch immer sind es die Medien und die so genannten Journalisten, die diese Sprache willig uebernehmen und schlechte Politik ebenso willig unterstuetzen. Ohne auch nur einen Augenblick darueber nachzudenken, dass sie letztendlich ihr eigenes Grab schaufeln.
    Danke fuer diesen Beitrag!

  2. Pingback: Lesen mit Links

  3. Henschel schreibt:

    Apropos neoliberale Propaganda:
    Es ist beschämend: in den Hoch-Zeiten des Liberalismus in Deutschland (zu Zeiten eines Grafen Lambsdorff oder eines Gerhard Baum, einer Frau Hamm-Brücher wie einer Frau Adam-Schwaetzer) stand die Kultur (und zwar die „Hoch“-Kultur) als ein Markenzeichen der Partei für ein Kerninteresse der Liberalen am Werteerhalt: in personifizierter Form, mittels kulturbeflissener Politiker, für das Gesamtbild der Partei.
    In unseren Tagen steht politisch „liberal“ einzig für „monetär“ als übergeordnetes Interesse, im Sinne von pekuniärer Gewinnorientierung.
    Hat in dieser Partei niemand mehr etwas zu sagen, dem nichtpekuniäre bzw. indirekt-pekuniäre Werte etwas bedeuten?
    Ein trauriges Kapitel.

  4. patrick o'beirne schreibt:

    Das Hauptargument dieses (guten) Artikels ist schon einmal gemacht worden – 1991!!!

    http://www.welt.de/print-welt/article509229/Kultur-sichert-Ueberleben.html

  5. Gun.t. schreibt:

    Danke für diese Aufklärung. Denn Wissen ist Macht. Und Dummheit regiert (zu oft). Allerdings ist das Spiel der Medien in der Tat ein besonderes.

  6. pfffffff schreibt:

    Das Wort ist oft nicht nur FALSCH, sondern auch noch falsch geschrieben. Wer heute Journalist wird, hat eben offenbar nicht mehr das hehre Ziel, selbst zu denken, sich eine Meinung zu bilden, unabhängig zu berichten und das auch noch in ganzen Sätzen, grammatikalisch richtig. Und wo die moralische Verpflichtung, auch die sich selbst gegenüber, auf der Strecke bleibt, der Verfall der Sprache in Kauf genommen wird, da kann dann mal eben auch jegliche Kultur aus Unwissenheit oder dank großzügiger Überzeugung eingestampft werden.

  7. danielanderson1502 schreibt:

    „Kultur kostet Geld. Sie kostet Geld vor allem auch deshalb, weil der Zugang zu ihr nicht in erster Linie durch einen privat gefüllten Geldbeutel bestimmt sein darf. Vor ein paar Jahren, eben hier in Berlin, habe ich bei einer Ansprache vor dem Deutschen Bühnenverein ausgeführt, dass Kultur nicht etwas sein darf, was die öffentlichen Hände nach Belieben betreiben oder auch lassen dürfen. Substanziell hat die Förderung von Kulturellem nicht weniger eine Pflichtaufgabe der öffentlichen Haushalte zu sein als zum Beispiel der Straßenbau, die öffentliche Sicherheit oder die Finanzierung der Gehälter im öffentlichen Dienst. Es ist grotesk, dass wir Ausgaben im kulturellen Bereich zumeist „Subventionen“ nennen, während kein Mensch auf die Idee käme, die Ausgaben für ein Bahnhofsgebäude oder einen Spielplatz als Subventionen zu bezeichnen. Der Ausdruck lenkt uns in die falsche Richtung. Denn Kultur ist kein Luxus, den wir uns leisten oder auch streichen können, sondern der geistige Boden, der unsere eigentliche innere Überlebensfähigkeit sichert.
    Und Kultur hängt auch von Personen ab, die sie ins Werk setzen sollen. Es ist ein zentrales öffentliches Interesse, dass Leute, die das können und die schon in Berlin leben, die notwendigen Entfaltungsmöglichkeiten behalten oder bekommen. Und darüber hinaus auch, dass in möglichst großer Dichte und Qualität solche Menschen für Berlin gewonnen werden, wenn sie bereit sind, sich zu engagieren, damit sie hier ihre Kreativität und ihre Kenntnisse wie ihre Weltläufigkeit in den Dienst der Kultur der Stadt und des ganzen Landes stellen.“
    (Richard von Weizsäcker 1991)

    Diese Worte haben nichts an Gültigkeit eingebüßt.

    • Go West schreibt:

      Zuerst dachte ich, da schreibt einer den Weizaecker ab. Und siehe da, es ist das komplette Zitat. Nein, diese Worte haben nichts an Gueltigkeit eingebuesst. Und wenn hier an anderer Stelle gesagt wird, die Kosten gingen zu 95% in die Verwaltung, dann mag das vielleicht sein. Doch dann muss da eben etwas veraendert werden. Und ich bin sicher, dass ist moeglich. Wobei ich die Zahlen zwar nicht genau kenne, sie aber fuer uebertrieben halte. Es wird auch von der Politik gern vergessen, was Kunst, Kultur und so weiter gesellschaftlich bedeuten. Dass das Theater nicht nur Geld kostet, sondern auch wieder Geld reinbringt. Doch ueber allem steht der nicht in Geld auszudrueckende gesellschaftliche Wert einer hohen und von Zwaengen von Sponsoren freien Kultur. Man kann in einem Kommentar gar nicht alles einbringen, was einem auf der Seele brennt.
      Danke auf jeden Fall noch mal fuer die Erinnerung an diese Rede des damaligen Bundespraesidenten.

  8. AndreasP schreibt:

    Ganz schräg wird es dann, wenn die USA als leuchtendes neoliberales Vorbild herhalten müssen, weil da ja die Kultur nicht subventioniert sei. Dabei wird sie dort mit der Absetzbarkeit von Spenden von der Steuer bezahlt – der Staat finanziert die Kultur also letztilch genauso, Regierung und Parlament können aber (außer über die Steuergesetze) überhaupt nicht mitreden, wer, wo und was finanziert wird, das bestimmt ausschließlich eine kleine Kaste von Superreichen, nach denen dann jeder Winkel von Kulturinstitutionen benannt wird. In der Met hieß der 1. Rang mal „Alberto Vilar Grand Tier“, und als er dann doch nicht mehr zahlen konnte, haben sie den Namen schnell wieder getilgt (man konnte im Aufzug noch die eilig abgekrazte Schrift erkennen…) So etwas hat mit Kultur dann auch nur noch am Rande zu tun.

  9. Harald Schandry schreibt:

    Die Finanzierung durch den Staat wird nicht dadurch nicht fragwürdig, weil sie wunschgemäß nicht „Subvention“ genannt werden soll. Die Hierarchie eines jeden Stadt-oder Staatstheaters ist vordemokratisch. Die Verwaltung dieser Darstellungsapparaturen sind in ihren Gesamtausgaben zu 95% nicht künstlerisch. Es sind mittelständische Handwerks- und Abrechnungsmaschinerien, die den gemeinen Schauspieler oder Tänzer mäßig bis ungenügend entlohnen. Für das künstlerische Personal: keine 5-Tage-Woche, keine 40-Stunden-Woche. Nur 1- bis 2-Jahresverträge. Was gibt es da zu erhalten oder gar zu verteidigen? Willkommen im Feudal-Museum!

    • B. van Gompel schreibt:

      …falls diese Schieflage in der Organisation und Hierarchie des Kulturbetriebs das einzig Sichtbare und Relevante für Sie darstellt, tun Sie mir ehrlich leid! Denn aus ihren Zeilen spricht als logische Konsequenz aus dem Status Quo im Kulturbetrieb die Forderung, diesen einzustampfen. Natürlich muss man darüber nachdenken und reden, wohin das Geld im Kulturbetrieb fließt und dann auch entsprechend eingreifen. Wenn man beispielsweise in der deutschen Industrie die selbe Idee hätte, können Sie als Vorreiter ja mal vorpreschen und diese Idee zB. auf VW und Herrn Winterkorn anwenden. DA wäre die Politik bestimmt schneller zur Stelle und würde handeln, obwohl sie im Gegensatz zu den allermeisten Theatern, Bibliotheken und Opernhäusern nicht Besitzerin und Betreiberin ist…
      Aber vielleicht lohnt es sich zudem auch einmal, drüber nachzudenken, wo Deutschland heute stünde und was es wäre OHNE seine Jahrhunderte alte Tradition reicher Kultur in fast allen Sparten. Heutzutage wird -wenn es um die Finanzierung von Kultur geht- doch fast nur noch über ihren wirtschaftlichen Nutzen diskutiert; ihr gesellschaftlicher und sonstiger nicht-pekuniärer Mehrwert werden dabei völlig außer Acht gelassen und zB. durch die beschriebene Falsch-Etikettierung bewusst diffamiert.

      • B. van Gompel schreibt:

        Relativierung/Richtigstellung meines Schnellschusses:
        Nach erneutem Durchlesen Ihres Kommentars, Herr Schandry, muss ich Ihnen natürlich mehr zustimmen, als dies in meiner ersten Antwort darauf vielleicht deutlich wird. Natürlich ist es für alle, die im Kulturbetrieb auf einer der hierarchisch niederen -und gleichzeitig sichtbaren- Ebenen tätig sind, also für Musiker, Schauspieler, etc… bei all diesen Diskussionen schwer mit anzusehen, dass die Diskussion zum größten Teil an ihnen vorbei geführt wird.
        Auch glaube ich, Sie missverstanden zu haben, dass Ihr Kommentar ein Plädoyer für die Abschaffung des Kulturbetriebes an sich sein soll…!?

      • Harald Schandry schreibt:

        Ja, da haben Sie mich im zweiten Lesen deutlich besser verstanden. Kunst und Kultur in all seinen Schattierungen unterscheidet uns wesentlich von animalischeren Daseinsformen. Für Kunst/Kultur ausgegebenes Geld ist extrem rentierlich ausgegebenes Geld. Keine Einsparung, nirgendwo! Aber … diese Verwaltungs- und Handwerkspyramiden, die sich da unter der Firmierung „Stadttheater“ herausgebildet haben, gehören allesamt auf den Prüfstand. Nicht um dort einzusparen!!! Es zielgerichteter und sinnvoller für die ausgeben, die zu guter Letzt auf der Bühne stehen, wäre schon ein schönes Unterfangen! Darüber hinaus: weniger Supertanker, mehr schnelle Beiboote!

      • Go.west schreibt:

        Dem konnte man noch viel hinzufuegen. Obwohl es schon sehr gut auf den Punkt gebracht ist. Dass der Kultur in Deutschland grosse Gefahr droht, das belegt ein einziges Statement. Der 1. Vorsitzende der Jugendorganisation der fuehrenden Partei in Deutschland hat es schon vor einiger Zeit abgegeben, als er der Meinung war, dass Theater und Oper nur fuer eine kleine Gruppe von Menschen aufrecht erhalten wuerde. Und deshalb muesse die Subvention aufhoeren.
        Ja selbstverstaendlich muss ueber dieses eine Wort diskutiert werden, weil es mit Sicherheit zur Diskreditierung benutzt wird.

  10. Rolf Speckner schreibt:

    Dass das staatliche Kulturleben – es gibt ja auch eines außerhalb der Staatstheater, Opern und Bibliotheken – seine Einrichtungen subventioniert, scheint mir aber doch eine Tatsache zu sein. Das wird sofort deutlich, wenn man auf die nichtstaatlichen kulturellen Einrichtungen blickt. Die Kosten, die eine freie Bühne hat, sind prinzipiell die gleichen wie die einer staatlichen Bühne. Konkurrenz scheint mir gerade im künstlerischen Bereich sehr förderlich. Das ‚Publikum‘ soll dorthin gehen, wo ihm die Aufführung etwas sagt. In der Hamburgischen Staatsoper wird jeder Platz an jedem Abend mit 100 € bezuschusst, ob jemand drauf sitzt oder nicht. Es ist für eine private kulturelle Einrichtung fast nicht möglich gegen derartige Finanzierungs-Subventionen anzukommen. Damit findet aber auch eine politische Lenkung der Kunstszene statt ! Bei den öffentlichen Rundfunkanstalten haben wir in der Intendantur auch das Parteien-Karussel. Die Verseichtigung des deutschen Kulturlebens ist z.T. durchaus dieser politischen Einflußnahme zu verschulden. Man lacht heute manchmal höhnisch über Schiller. Aber sein „Theater als moralische Anstalt“ war es doch, was dem Theater seine Bedeutung für den Staat gegeben hat ! Will man Kultur weiterhin als öffentlichen Auftrag ansehen, so kann dies vielleicht geschehen, indem man die Entscheidungsbefugnis darüber, was zu fördern ist, systematisch von der politischen Einflußnahme trennt. Es gibt Ärzteklammern und Rechtsanwaltskammern und Handelskammern. Warum könnte es nicht auch eine Kulturkammer geben? Wäre es nicht richtig, dass die ausübenden Künstler darüber entscheiden, was zu fördern ist?

  11. Georg Münzel schreibt:

    Das ist interessant, aber letztendlich misst der Autor dem Unterschied zwischen Subvention und Finanzierung zu viel Bedeutung bei und unterstellt denen, die ihn nicht machen, eine Absicht, die m.E. nicht vorhanden ist.
    Das lässt sich mit einem Blick auf die verschiedenen Formen der kulturellen Institutionen belegen. Es gibt Staatstheater und private Theater, beide bekommen öffentliche Gelder. Wenn man dem Autor folgt, wird also z.B. die Schaubühne in Berlin subventioniert, das Deutsche Theater dort aber finanziert. Warum wäre in dem Fall jetzt die Subvention etwas schlechteres? Gleiches gilt für manche private Schule oder Sporteinrichtung.
    Die Kernaussage, dass der Staat die Kultur selbstbewusst und großzügig fördern soll, teile ich uneingeschränkt, sich an den Wörtern aufzuhängen, bringt aber nicht so viel.

  12. Rune Naljoss schreibt:

    Danke Rolf Speckner & Georg Münzel für Vernunft wo erst nur Schaum vor dem Mund und ein Loblied auf das Primat der Politik zu lesen war!

  13. Guntram schreibt:

    Woher die Mär der „Subvention“ kommt? Von der Tatsache, daß ich für Feuerwehr, Schule und Co. eben NICHTS direkt bezahle. Wenn ich aber ins Theater gehe, kostet das – je nach Region auch noch erheblich – direkt Geld! Konsequenterweise wären „finanzierte“ Einrichtungen für die Finanzierer (= die Bürger) kostenlos zu halten (dies gelte übrigens auch für Öffentlichen Nahverkehr)! Dann beginnt aber gleich wieder die „Kostenlos = nichts wert“-Diskussion, auf die sich keiner einlassen will…

    • Alexander schreibt:

      Ob das, was nichts kostet, tatsächlich nichts wert ist, möchte ich mal dahin gestellt sein lassen. Es kostet ja. Nur muss ich den Schein nicht zücken.
      Mir erscheint jedoch ganu das der ganz entscheidende Punkt zu sein. Als Steuer- bzw. Gebührenzahler zahle ich für den Konzert-, Opern- oder Theaterbesuch doppelt. Dadurch, dass die Preise sportlich bis unverschämt sind wird es zu einer Veranstaltung für besser Gestellte und der Kulturauftrag im Sinne eines Allgemeinguts läuft ins Leere. Das ist die Krux.

  14. Tobse schreibt:

    Man sollte aber das Wort „Neoliberal“ nicht genauso unreflektiert und pauschal nutzen, wenn man schon eine Begriffsverwendung verurteilt. Mit „liberal“ oder „neoliberal“ hat diese kulturfeindliche Einstellung nichst zu tun. Das ist ein Griff in die Mottenkiste der ideologisch-politischen Kampfbegriffe.

    Marktfundamentalismus hat weder etwas mit „liberal“, noch mit „noliberal“ zu tun. Da reicht eigentlich ein Blick in die allwissende Müllhalde des Netzes.

    Grundsätzlich gehören Kulturangebote zur wesentlichen Daseinsfürsorge, welche unser Staat zu organisieren hat. Dabei dürfen Angebote durchaus auch privatwirtschaftlich – und damit gewinnorientiert – organisiert sein. Wenn allerdings entweder der Zugang beschränkt wird (Kultur nur noch für wohlhabende Bürger) oder die Vielfalt leidet (nicht im Sinne des Auftrags), dann muss der Staat einspringen. Da ist keine Subvention, wie hier richtig erkannt wird. genausowenig wie „liberal“ für das „Primat der Ökonomie“ steht.

  15. Pingback: Gelesen. Am Anfang steht das Wort – und das Wort ist falsch | Orchestrasfan

  16. Pingback: Interessanter Artikel… | Hallescher Kulturtreff

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..